Die Ärztin mit dem Faible für Frakturen Privat -- Sandra Ebert-Fillmer
Ihr vertrauen die DSV-Adler

Die Ärztin mit dem Faible für Frakturen

  • Redaktion
Sie betreut die deutschen Skispringer und behandelt am liebsten Knochenbrüche – obwohl sie hofft, dass es nie dazu kommt. Ein Interview mit DSV-Teamärztin Dr. Sandra Ebert-Fillmer.
Ganz egal, ob Kuusamo in Finnland, Pyeongchang in Südkorea oder Planica in Slowenien – wenn Markus Eisenbichler, Andreas Wellinger, Richard Freitag und Co. von der Schanze fliegen, ist sie nicht weit: Sandra Ebert-Fillmer. Seit 2013 ist die Oberärztin aus dem Krankenhaus Rummelsberg regelmäßig am Start, wenn die Adler des Deutschen Skiverbands (DSV) um Medaillen fliegen. Zusammen mit dem leitenden Mannschaftsarzt Mark Dorfmüller kümmert sie sich um die Verletzungen der Athleten und bringt scheinbar auch Glück: „Wenn ich dabei war, ist bislang noch nie viel passiert“, so die 33-jährige Bayreutherin. Wir haben uns mit Dr. Sandra Ebert-Fillmer unterhalten und sie gefragt, wie es dazu kam, worauf es ankommt, ob sie selber auch springen würde und ob ein Kreuzbandriss für Sportler das Aus ist.

Trotz ihrer jungen Jahre haben Sie als Ärztin schon einiges hinter sich. Sie waren im Ärzteteam des Boxverbands, danach ging es zur Luftrettung und seit ein paar Jahren versorgen Sie medizinisch Deutschlands Elite im Skispringen. Wie kam es dazu?

Sandra Ebert-Fillmer: Eigentlich war es eher Zufall. Der leitende Teamarzt Marc Dorfmüller fiel für die Skiflugweltmeisterschaft 2013 in Harrachov (Tschechien) aus. Ich war bereits beim deutschen und österreichischen Boxverband tätig. Mein ehemaliger Chef, Prof. Walter Wagner aus Bayreuth, hat mich damals vermittelt, da ich bereits einige Erfahrungen im Profisport hatte. Seitdem bin ich regelmäßig im Winter mit von der Partie.

Was ist das Besondere an dieser Tätigkeit und dem Umgang mit den Stars?

Sandra Ebert-Fillmer: In erster Linie die Tatsache, dass man ausschließlich mit Spitzensportlern arbeitet. Die Springer bemerken sofort, wenn etwas mit dem Körper nicht stimmt und bereits kleinere Beschwerden können auf so hohem Niveau eine gute Platzierung kosten. Natürlich sind es auch die Reisen in die unterschiedlichsten Länder, die den Job sehr spannend und abwechslungsreich machen. Die Jungs sind alle ganz normal. Es hat niemand Starallüren. Alle sind total auf dem Boden geblieben und stets nett und freundlich.

Worauf kommt es bei Ihrer Tätigkeit an?

Sandra Ebert-Fillmer: Mein Ziel ist es, die Springer während des Weltcups oder bei Weltmeisterschaften optimal zu betreuen. Während der anstrengenden Wintersaison – es sind fast jedes oder jedes zweite Wochenende Wettkämpfe angesetzt – werden die Springer oft von grippalen Infekten oder muskulären Beschwerden geplagt. Diese gilt es zu behandeln, damit die Athleten wieder vom Schanzentisch springen können. Im Vorfeld eines jeden Springens gibt es auch viel Organisatorisches zu erledigen. Wo ist der schnellste Weg zum Ausgang, wo ist das restliche medizinische Personal im Falle eines Sturzes stationiert, steht ein Hubschrauber zur Verfügung, wo befindet sich die nächstgelegene Klinik die schwerere Verletzungen behandeln kann – solche Fragen gibt es zu klären. Für jedes Springen wird vom Internationalen Skiverband FIS ein sogenannter Medical Plan erstellt.

Ist Skispringen eine Sportart, die zwingend mit Verletzungen einhergeht?

Sandra Ebert-Fillmer: Im Vergleich zu anderen Risikosportarten passiert bei uns eigentlich wenig. Toi, toi, toi. Klar, auch in unserem Team gibt es immer mal wieder auch schwerere Verletzungen wie beispielsweise die Kreuzbandruptur von Severin Freund oder die Luxation des Sternoclaviculargelenks von Andreas Wellinger. Schlimmere Unfälle blieben uns bis jetzt erspart – und das soll auch gerne so bleiben. Bei anderen Nationen kam es leider infolge eines Sturzes schon zu inkompletten Querschnitten – das darf man nicht unter den Tisch kehren. Aber vielleicht bringt meine Anwesenheit zumindest dem deutschen Team Glück. Wenn ich dabei war, ist bislang noch nicht viel passiert.

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Würden Sie selber auch mal vom Schanzentisch springen bzw. fliegen?

Sandra Ebert-Fillmer: Nein, danke. Ich war schon ein paar Mal ganz oben auf der Schanze, das hat mir gereicht. Es ist wahnsinnig steil und hoch. In Oberstdorf an der Schattenbergschanze gäbe es die Möglichkeit, an einem Seil zu springen, aber nicht mal das würde ich machen. Die Springer fahren zum Teil mit bis zu 100 km/h an den Schanzentisch. In diese Sportart muss man von klein auf reinwachsen!

In welche Sportart sind Sie reingewachsen bzw. was ist ihr sportlicher Ausgleich zur Arbeit bei den Skispringern und am Krankenhaus Rummelsberg?

Sandra Ebert-Fillmer: Da ich aus dem Allgäu komme, stand ich mit drei Jahren schon auf den Brettern. Ich denke, dass ist zumindest entfernt mit dem Skispringen verwandt. Aber auch Mountainbike und Rennradfahren sind meine Disziplinen. Vor einigen Jahren habe ich mit dem Kite-Surfen angefangen, da besteht allerdings noch Verbesserungspotential.

Stichwort „Rummelsberg“ – was genau machen Sie, wenn Sie nicht an der Schanze stehen?

Sandra Ebert-Fillmer: Dann gehe ich meiner Oberarzttätigkeit am Krankenhaus Rummelsberg nach. In der Klinik für Unfall-, Schulter- und Wiederherstellungschirurgie, Sportmedizin und Sporttraumatologie ist das zu behandelnde Spektrum extrem groß und vielfältig. Das macht es spannend und man kann jeden Tag noch sehr viel lernen.

Gibt es bei der Unfallchirurgie eine Lieblingstätigkeit oder gar ein Faible?

Sandra Ebert-Fillmer: Am liebsten behandle ich Frakturen. Damit habe ich in der Unfallchirurgie am meisten Erfahrungen gesammelt. Dabei muss man sich immer wieder auf neue Situationen einstellen, jede Fraktur ist anders. Es gibt keinerlei Routine. Ich vergleiche das meistens mit einem Puzzle-Spiel: Es macht großen Spaß, wenn alles wieder an Ort und Stelle ist und es ist immer wieder eine neue Herausforderung. Aber auch die arthroskopischen Operationen an Knie- und Schultergelenken bereiten mir sehr viel Freude.

Abschließende Frage: Früher war ein Kreuzbandriss für Sportler oft das Aus. Wie ist das heute?

Sandra Ebert-Fillmer: Es ist definitiv nicht das Aus. Gregor Schlierenzauer oder Severin Freund sind beste Beispiele. Die Operation muss sitzen, das korrekte OP-Verfahren angewendet werden und die sofort beginnende Rehabilitation ist das A und O. Wichtig ist es, die Muskulatur sofort aufzubauen und die volle Kniegelenksbeweglichkeit wieder herzustellen – ohne die Einheilung des Kreuzbandtransplantats zu gefährden. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann alles so gut werden wie vorher – zumindest aus medizinischer Sicht spricht hier nichts dagegen!

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