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Ausgezählt? Probleme bei Kalorienangaben

Wer abnehmen möchte oder auch einfach nur kontrollieren möchte, wie viel Energie er mit seiner Nahrung zu sich nimmt, zählt häufig die angegeben Kalorien. Allerdings ist diese Angabe oft ungenau.

Die Berechnung der Kalorienangaben

Das Prinzip, das den Kalorienangaben zu Grunde liegt, stammt aus dem 19. Jahrhundert. Der Amerikaner Wilbur Olin Atwater hat die Brennwertmessung erfunden und begonnen, den Energiegehalt von Lebensmitteln zu berechnen. Sein Vorgehen: In einem so genannten Bombenkalorimeter verfeuerte er einzelne Nährstoffe aus Lebensmitteln und maß, wie stark sich das Wasser erwärmte, das das Bombenkalorimeter einschloss. Eine Kilokalorie entspricht nach Atwaters Berechnungen der Energie, die einen Liter Wasser um ein Grad Celsius erwärmt. Daraus ergaben sich die heute immer noch gültigen Angaben. Beispielsweise, dass ein Gramm Fett immer 9,3 Kilokalorien, Proteine und Kohlenhydrate je 4,2 und Alkohol sieben Kilokalorien aufweisen. Um die enthaltene Kalorienmenge eines Nahrungsmittels zu bestimmen, machen die Hersteller nun nichts anderes als das Lebensmittel in seine Einzelteile zu zerlegen, den jeweiligen Energiegehalt zu bestimmen und anschließend alles zusammenzuzählen. Doch dieses Vorgehen wird seit einiger Zeit kritisch diskutiert.

Nicht alles wird komplett verdaut

Die Kritiker der Kalorienangaben führen ins Feld, dass der Energiegehalt der Lebensmittel vor dem Verzehr bestimmt wird und das sei ungenau. Es ist im Körper selten der Fall, dass alle Nährstoffe eines Nahrungsmittels komplett verdaut werden. Man denke etwa an Samen und andere Ballaststoffe, die häufig unverdaut wieder ausgeschieden werden. Hier wären die Angaben also zu hoch angesetzt. Bei manchen Nahrungsmitteln, etwa Obst und Gemüse, kann der Energiegehalt mit dem Reifegrad, der Anbaumethode oder dem Wassergehalt variieren. Eine Studie von 2007 hat die Unterschiede zwischen dem Atwater-System und der tatsächlichen Energieaufnahmen auf bis zu elf Prozent beziffert.

Auch ändert sich die Verfügbarkeit der Energie bei manchen Lebensmitteln nach ihrem Zustand, gekocht vs. roh, gekaut vs. im Ganzen. Gekochte Lebensmittel können häufig besser verstoffwechselt werden, als rohe. Gleiches gilt für gut gekaute Lebensmittel. Und dann spielt auch noch die (industrielle) Verarbeitung eine Rolle. Die Energie in Haselnüssen beispielsweise, die roh gegessen und gekaut werden, lässt sich schlechter absorbieren als die in einer Nussnugat-Creme, in der die Nüsse schon sehr fein zermahlen sind. Vereinfacht ausgedrückt: Je stärker die Nahrungsmittel zerkleinert werden, umso leichter wird es unserer Verdauung gemacht, umso genauer stimmen in der Folge auch die Angaben auf der Packung. Es spielt aber natürlich auch eine Rolle, wie die Nahrung zubereitet wird. Beispiel Kartoffel: Wird sie frittiert, hat das „Endprodukt“, das auf dem Teller landet, mehr Kalorien, als eine gewöhnliche Salzkartoffel – auch, wenn ursprünglich beim Einkauf natürlich der gleiche Wert auf dem Sack stand.

Als finaler Kritikpunkt wird genannt, dass bei den Angaben die Individualität des Organismus im Allgemeinen und die der einzelnen Menschen im Besonderen außer Acht gelassen würden. Nicht bei jedem ist die Darmflora identisch und nicht jeder kann die Inhaltsstoffe eines Lebensmittels gleich gut verarbeiten – man denke hierbei etwa an die diversen Unverträglichkeiten.

Auch Kauen verbraucht Kalorien

Zudem wird angeführt, beim Kauen und Verdauen werde teilweise mehr Energie verbraucht, als mit dem Lebensmittel aufgenommen würde, Stichwort: negative Kalorien. Dass das tatsächlich funktioniert, ist allerdings bisher nicht bewiesen. Allerdings gibt es Nahrungsmittel deren Verdauung energieaufwändiger ist als die anderer Lebensmittel. Und Tatsache ist auch, dass ein Teil der aufgenommenen Energie wieder für die Verdauung aufgewendet wird. Insgesamt braucht der Organismus aber nur etwa zehn Prozent der aufgenommenen Gesamtkalorienmenge für die Verdauung.

Trotz der angegebenen Kritikpunkte haben die Kalorienangaben ihre Berechtigung, wenn man sie tatsächlich nur als ungefähre Näherungswerte begreift und sich die genannten Faktoren vor Augen hält. Ein untrüglicher Gradmesser, wie es um die eigene Kalorienzufuhr bestellt ist, ist übrigens ein Gefühl, das uns allen bekannt ist: Hunger.

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