Die Geschichte der Handball-WM picture alliance

Die Geschichte der Handball-WM

  • Marco Heibel
Vom 13. bis zum 30. Januar findet die Handball-Weltmeisterschaft der Männer in Schweden statt. Wie Ihr es schon von der Fußball-WM aus dem letzten Jahr gewohnt seid, machen wir Euch auch dieses Mal wieder fit für das Turnier. Den Anfang macht ein kleiner Rundblick über die WM-Geschichte.

Während sich der Fußballsport von den Rahmenbedingungen her (Feldgröße, Torgröße, Zahl der Spieler) in seiner Geschichte nicht verändert hat, lässt sich die Historie des Handballs in zwei Phasen unterteilen.

Vorläufer Feldhandball

Alles begann mit dem Feldhandball. Darunter versteht man keineswegs das, was Junioren-Handballer von sommerlichen Dorfturnieren kennen, nämlich das Spiel auf 40x20Meter großen und meist holprigen Rasenplätzen, die ein kontrolliertes Prellen des Balls unmöglich machten. Feldhandball war vielmehr Fußball spielen mit der Hand: Gespielt wurde auf einem Fußballfeld, eine Mannschaft bestand aus einem Torhüter und zehn Feldspielern und geworfen wurde auf ein Fußballtor, und zwar aus einer Entfernung von mindestens 13 Metern.



Die Konsequenz dieser Gegebenheiten war, dass das Spiel bei Weitem nicht so schnell und spektakulär war wie heute – es dauerte einfach wesentlich länger, bis eine Mannschaft vor das gegnerische Tor gelangte. Dementsprechend fielen auch relativ wenig Tore. Kurzum: Das Spiel war nicht besonders attraktiv und wurde mit der Entstehung moderner Sporthallen nach dem Zweiten Weltkrieg auch vom Hallenhandball verdrängt.

Feldhandball-WM: Schier unschlagbare Deutsche


Nichtsdestotrotz war Feldhandball vor allem in Deutschland populär, Länderspiele in Fußballstadien lockten teilweise mehrere Zehntausend Zuschauer an. Und zwischen 1938 und 1966 wurden sogar insgesamt sieben Weltmeisterschaften auf dem großen Feld ausgespielt.

Der Sieger hieß in sechs von sieben Fällen Deutschland (1938 Deutsches Reich, 1952, 1955 und 1966 BRD, 1959 Team aus BRD und DDR, 1963 DDR). Nur bei der Auflage von 1948 musste man den Schweden den Vorzug lassen.

Hallenhandball: „Neuerfindung“ des Handballs


Bereits zu Zeiten des Feldhandballs wurden aber auch schon die ersten Hallen-Weltmeisterschaften ausgespielt. Auch hier sicherte sich Deutschland den Titel bei der ersten Auflage im Jahr 1938 in Berlin. Das Spiel wurde nun auf einem Feld ausgetragen, das nur noch 40 Meter lang und 20 Meter breit war. Die Tore wurden auf 3x2 Meter verkleinert, der Wurfkreis bei 6 Metern festgelegt. Außerdem waren je Team nur noch sechs Feldspieler und ein Torhüter auf dem Platz erlaubt. Durch diese Maßnahmen veränderte das Handballspiel seinen Charakter radikal. Alle Feldspieler einer Mannschaft waren nun gleichermaßen in den Angriff und die Verteidigung involviert. Das Spiel gewann an Tempo, und wurde nicht nur durch die gestiegenen Trefferzahlen attraktiver.

Rumänen dominieren den Handball der Sechziger und Siebziger


Mit dem Wechsel in die Halle setzte nach dem Zweiten Weltkrieg auch eine Machtverschiebung der Verhältnisse ein und Deutschland verlor seine Vormachtstellung. Schweden holte sich in den Jahren 1954 und 1958 den Titel. Danach begann die Dominanz der Rumänen, die sich bei den folgenden fünf WM-Turnieren vier Mal die Krone aufsetzten (1961, 1964, 1970, 1974).

1978: WM-Titel Nummer zwei für Deutschland


Gebrochen wurde die rumänische Dominanz durch den zweiten deutschen Hallen-WM-Titel 1978 in Dänemark. Damals im Team standen einige Jahrhunderthandballer, wie Jo Deckarm, Erhard Wunderlich und der heutige Bundestrainer Heiner Brand.

Danach schlitterte das westdeutsche Handball in eine Krise, mit dem Tiefpunkt der verpassten Qualifikation für die WM 1990 in der Tschechoslowakei. Die DDR dagegen gewann immerhin bei den Olympischen (Boykott-)Spielen von Moskau 1980 Gold und war auch bei den WMs stets unter den besten Nationen. Zum großen Wurf reichte es aber nie. Bis zum Fall des Eiserenen Vorhangs dominierten nun die Teams aus Osteuropa, insbesondere die UdSSR und Jugoslawien.

Nach dem Kalten Krieg: Die Breite an der Spitze wird dichter


Ab den 1990er Jahren stieg das Gesamtniveau des Sports. Immer mehr Nationalmannschaften waren nun in der Lage, ernsthaft um den WM-Titel zu kämpfen. Nicht nur die traditionell starken Schweden, Russen oder Ex-Jugoslawen (Kroaten, Serben, Slowenen) machten nun von sich reden, sondern auch die Franzosen, Spanier, Isländer oder Dänen.

Bei der WM 1995 in Island gehörte auch erstmals seit Langem das nun vereinte DHB-Team wieder zu den Titelkandidaten. Nach sieben Siegen zum Start erwies sich die Mannschaft in den Spielen um die Medaillen als zu „grün“ und wurde Vierter. Nach mehreren Turnieren im erweiterten Favoritenkreis war der Titel dann bei der WM 2003 in Portugal zum Greifen nah. Das Team von Bundestrainer Heiner Brand scheiterte erst im Finale an Kroatien.

„Wintermärchen 2007“: Der (bislang) letzte Höhepunkt


Erfüllt wurde der Traum vom dritten Hallentitel dann bei der Heim-WM 2007, dem so genannten „Wintermärchen“. Getragen von der Stimmung in den stets ausverkauften Hallen gewann die Mannschaft um den damalig noch aktiven netzathleten-Experten Christian Schwarzer nach nervenaufreibenden Spielen u.a. gegen die Ex-Weltmeister Frankreich und Spanien Gold.

Seitdem ist es leider wieder etwas ruhiger geworden um die deutsche Mannschaft. Respektablen Ergebnissen (EM-Vierter 2008, WM-Fünfter 2009) standen herbe Enttäuschungen gegenüber (Vorrunden-Aus bei Olympia 2008).

Beim Turnier in Schweden bekommt es die DHB-Mannschaft bereits in der Vorrunde mit harten Brocken zu tun (u.a. Titelverteidiger Frankreich und den traditionell starken Spaniern). Chancenlos ist sie aber sicher nicht.

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